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Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen

Page history last edited by Donald Townsend 6 years, 5 months ago

Erinnern Sie sich noch an ihre erste Fahrstunde, die Aufregung, die Nervosität, die Unsicherheit? Werde ich das Auto nicht gleich abwürgen oder irgendwo gegen fahren? Oder wie war das mit der ersten Unterrichtsstunde, die sie in ihrer Ausbildung gegeben haben? Unterricht in der Theorie, darüber wussten sie schon einiges, doch nun standen sie vor einer Klasse mit 30 Schülerinnen und Schülern. Unsicherheit am Anfang, fehlendes Vertrauen, Nervosität, das alles ist völlig normal und gehört auch dazu, wenn man beginnt, den eigenen Unterricht mit digitalen Werkzeugen zu erweitern. Wie auch unter Wie fange ich an? beschrieben, es ist sinnvoll, klein anzufangen. Dieses gilt für den einzelnen Lehrer wie für das gesamte System Schule. Man kann die Entwicklung der eigenen Komptenzen im Umgang mit digitalen Tools und der Entwicklung von Unterricht damit als ein vierstufiges Modell beschreiben.

 

Erst mal überleben

So wie sie in der Fahrschule zunächst langsam gefahren sind und sich nur in Nebenstraßen bewegt haben, so fangen sie bei der Nutzung von digitalen Werkzeugen mit einem einzigen Werkzeug an, welches möglichst leicht zu nutzen sein sollte, und nutzen zunächst nur die Grundfunktionen. Vielleicht ergibt sich auch die Möglichkeit zu einer kleinen Fortbildung, vielleicht geleitet von einem Kollegen oder einer Kollegin, die bereits mit diesem Werkzeug im Unterricht arbeitet. Planen sie die Nutzung zunächst nur für einzelne, unkritische Stunden ein. Wecken sie bei ihren Schülern keine zu großen Erwartungen. Rechnen sie bei den ersten Versuchen mit einem deutlich größeren Zeitaufwand. Es wird ihnen nicht sofort alles flüssig von der Hand gehen. 

 

Alles unter Kontrolle 

Die zweite Entwicklungsstufe beginnt. Der Einsatz des von ihnen gewählten digitalen Werkzeugs funktioniert nach einigen möglichen Schwierigkeiten am Anfang reibungslos und damit haben sie die größte Hürde bereits genommen. Sie fühlen sich nun deutlich sicherer in der Nutzung ihres neuen Werkzeugs und setzen es immer häufiger ein.

 

Es verändert sich etwas in meinem Unterricht 

Sie merken, wie sich durch die Nutzung des digitalen Werkzeuges ein Teil ihres Unterrichts weiterentwickelt hat und sie planen es regelmäßig in ihre Unterrichtsstunden ein. Mit der gewonnen Zuversicht in der Nutzung, trauen sie sich, weitere Funktionen des von ihnen gewählten Werkzeugs in ihre Unterrichtsgestaltung zu integrieren. Außerdem beginnen sie, ihren Kolleginnen und Kollegen von ihren Erfolgen zu berichten und versuchen, diese ebenfalls für ihr digitales Werkzeug zu begeistern. Für viele kommt auch jetzt der Punkt, wo sie sich sicher genug fühlen, Schülerinnen und Schüler selbst komplett in die Nutzung des digitalen Tools einzubeziehen.

 

Ich habe es geschafft und nehme andere mit 

Mittlerweile haben sie so viel Selbstsicherheit im Umgang mit ihrem digitalen Werkzeug gewonnen, dass sie begonnen haben, weitere Werkzeuge auszuprobieren. Sofern sie der Meinung sind, dass diese neuen Werkzeuge ihnen bei der Weiterentwicklung ihres Unterrichts helfen, planen sie sie regelmäßig in ihre Unterrichtsreihen ein. Sie sind mutig und experimentierfreudig geworden und merken, dass ihre Medienkompetenz ihre fachdidaktischen Kompetenz ebenbürtig geworden ist. Neue Erfahrungen mit digitalen Werkzeugen in der Entwicklung ihres Unterrichts tauschen sie regelmäßig mit anderen Kolleginnen und Kollegen aus.

 

So oder so ähnlich läuft es bei vielen ab. Das zeigt die Erfahrung und das zeigen auch Untersuchungen. Eine davon stammt schon von 1993 (Mandinach und Cline). Mark Anderson hat daraus ein Diagramm entwickelt, welches hier in einer angepassten Version wiedergegeben ist.

 

 

Alles braucht seine Zeit. Es macht wenig Sinn, wenn Lehrer selbst nicht sicher sind in der Nutzung von Computern und Programmen, oder Tabletts und Apps, von Präsentationsmedien, von interaktiven Whiteboards oder ähnlich und wenn sie dieses dann im Unterricht nutzen wollen. Der Amerikaner Will Richardson schlägt deshalb in seinem kleinen Buch Why School?, welches seinen TED Talk zusammenfasst, vor, Lehrerinnen und Lehrer zunächst einmal mit Tablets oder Notebooks/ Chromebooks auszustatten und damit arbeiten und lernen lassen. Zunächst sollten sie sie sich über einen Zeitraum von einem oder vielleicht sogar zwei Jahren als Lernende mit den Geräten und ihren Möglichkeiten, Lernprozesse zu gestalten, vertraut machen und Sicherheit in der Nutzung gewinnen. Lehrerinnen und Lehrer sollten die Geräte und ihre Programme/Apps kompetent als Werkzeuge in ihrem eignen Lernen einsetzen können. Das versetzt sie dann in die Lage, zu beurteilen wie sie für die Gestaltung von Lernprozessen bei ihren Schülerinnen und Schülern eingesetzt werden können. Außerdem wissen sie aus eigener Erfahrung auch, mit welchen Schwierigkeiten und Problemen dabei zu rechnen ist und wie diese sich lösen lassen.

 

 

 

 

Das folgende Diagramm stammt aus dem Blogbeitrag SAMR and Teacher Confidence: A confluence of models, in welchem Will Kimbley versucht, zwei Modelle zu synchronisieren, das SAMR Modell und das oben vorgestellte Modell von Mandinach und Cline zur Beschreibung des Zuwachses an Zuversicht bei Lehrern bei der Nutzung von digitalen Werkzeugen im Unterricht. Es steht unter der CC BY NC SA Lizenz.

 

 

 

Der Versuch, die beiden Modelle nebeneinander zu legen ist ein interessanter Ansatz, der aber auch seine Grenzen hat. Man kann sicher davon ausgehen, dass mit zunehmendem Selbstvertrauen in der Nutzung digitaler Möglichkeiten im Unterricht auch nach und nach eine Loslösung von herkömmlichen Vorstellungen, wie man Aufgabenstellungen gestalten kann, erfolgt. Daraus ergeben sich dann auch neue Lernszenarien, die den Schülern eine größere Autonomie in der Gestaltung ihrer Lernprozesse zugestehen. Unterrichtende müssen eigentlich schon wesentlich eher die "Innovation" Stufe erreichen, bevor sie von der reinen Substitution den nächsten Schritt wagen.

 

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